Schlagwort: erfahrungsbericht

Foto Sunday Cap

Produkttest: Das Sunday Cap

In diesem Artikel habe ich das Sunday Cap von Every Damn Sunday unter die Lupe genommen, um Unentschlossenen die Kaufentscheidung leichter zu machen.

Das Sunday Cap ist ein wiederverwendbares Cap aus Aluminium und Plastik mit der Funktion die abgegebene Farbmenge beim Sprühen durch eine Art Hebelknopf zu kontrollieren. Seine Entwicklung wurde mit Hilfe einer Crowdfunding-Kampagne finanziert und nun wird es als ein Airbrush-artiges All-around-Cap angepriesen. Welches das Ziel verfolgt die meisten klassischen Caps aus Plastik zu ersetzen und somit etwas gegen die Verschwendung von Ressourcen zu unternehmen. Außerdem soll es natürlich dem Sprühkünstler mehr Flexibilität und Mobilität bieten. Da es rund 20€ kostet mögen sich viele Fragen, was es taugt, ob es sich lohnt und ob es seine Versprechen hält. Ich habe das Sunday Cap ausschließlich auf einer Montana Black 400ml getestet.

Auch ich habe mich das gefragt, als ich etwa im November 2016 eher zufällig im Internet darauf gestoßen bin. Da es das Cap zu der Zeit noch in keinem deutschen Shop gab, bestellte ich es direkt vom Hersteller in Australien, weswegen ich es auch nicht nach Hause geliefert bekam, sondern es beim Hauptzollamt abholen und Einfuhrzoll zahlen musste. Um den langen Weg bis zu mir lohnenswert zu machen kaufte ich gleich drei Stück und einen Satz austauschbare Spitzen (Werden nicht mehr angeboten) in drei verschiedenen Größen. Eines der Caps war als Geburtstagsgeschenk für meinen Spraybar-Kollegen Madhu gedacht, die anderen beiden behielt ich selbst.

Als das Cap endlich bei mir ankam, war es mittlerweile Dezember und draußen um die Null Grad kalt. Es mag an diesen Temperaturen gelegen haben, dass meine ersten Versuche mit dem Cap kläglich scheiterten. Es sabberte und sibschte ohne richtige Linien zustande zu bringen. Entäuscht packte ich das verschmutzte Cap irgendwo in meine Garage, wo es bis zum heutigen Tag verschollen ist.

Aber mir blieb ja noch das zweite, nagelneue Sunday Cap frisch verpackt und der Wille ihm unter besseren Umständen eine zweite Chance zu geben. Fast ein Jahr später und noch bevor es wieder zu kalt wird, habe ich es nun tatsächlich geschafft diesen Willen in die Tat umzusetzen und meine Ergebnisse vom zweiten, sehr viel ausführlicheren Test sind wesentlich erfreulicher ausgefallen als die des ersten.

Ich habe das Cap recht gründlich getestet und es mit drei verschiedenen Plastik-Caps verglichen. Ich testete seine Fähigkeiten in allen wichtigen Funktionen, als Skinny Cap, Fat Cap und Soft Cap.

Sunday Cap LieferumfangVor dem Start

Wenn man das Sunday Cap erhält, dann muss man zuerst einmal den Plastikring zur Stabilisierung auf das Aluminium-Cap schrauben. Das erste Mal ging das bei mir recht schwer, nachdem ich ein paar mal dran herum geschraubt hatte ging es aber schon sehr viel leichter. Je nachdem wie weit man den Ring auf das Cap schraubt drückt das kleine Rohr des Caps stärker in das Ventil der Dose. Also kann man durch das Drehen des Rings auch den Druck der Farbe kontrollieren, was beim Sprühen auch durchaus einen Unterschied machen kann. Außerdem erhält man mit dem Cap noch einen kleinen Schlüssel zum lösen des Tips, also des Teils, wo die Farbe austritt, und zwei Ersatzdichtungsringe. Das ganze kommt in einem kleinen Pappzilynder.

Beim ersten Sprühen ist es zuerst etwas verwirrend, dass das Cap in Grundstellung vollkommen verschlossen ist. Man muss den Hebel erst bis in horrizontale Stellung ziehen, damit die Farbe anfängt auszutreten.

 

 

Sunday Cap Skinny Low PressureSunday Cap Skinny High Pressure

Als Skinny Cap

Die feinste Linie des Sunday Caps, mit dem Hebel etwa in horizontaler Stellung, ist erstaunlich dünn. Auch ohne den extra dünnen Frontaufsatz. Ich möchte sogar behaupten, dass sie zu den feinsten Linien gehört, die ich je von einem Skinny Cap gesehen habe. Leider hat das Cap in dieser ultrafeinen Einstellung einen Nachteil. Der Druck des Caps lässt in dieser Stellung erst mit Zeitverzögerung nach. Wenn man also den Finger vom Cap nimmt, dann sprüht es noch einen Augenblick lang weiter oder setzt noch einen Punkt hinter die gesprühte Linie. Um diesen Effekt zu umgehen muss man das Cap also ein ganz klein wenig stärker einstellen. Dann ist die Linie nicht mehr ganz so fein aber immer noch eine sehr gute Skinny Cap Linie. Mir ist allerdings aufgefallen, dass trotz des feinen Strahls noch ein recht hoher Druck aus dem Cap austritt, es ist also quasi ein High Pressure Skinny Cap und eignet sich somit nicht optimal für langsames Arbeiten, wie es mit einigen Skinny Caps aus Plastik der Fall ist. So zum Beispiel das weiße Ultra Skinny mit goldenem Punkt, welches einen sehr niedrigen Austrittsdruck hat. Auch ist die Zerstäubung bzw. das Fading des Sunday Cap in Skinny Stellung ist nicht so fein wie beim eben genannten Goldpunkt Skinny. Die Stellung des Ringes zur Regulierung des Drucks macht sich im Skinny-Modus nur wenig bemerkbar.

 

Sunday Cap Fat Low Pressure

Sunday Cap Fat High Pressure

Als Fat Cap

Am wenigsten hat mich das Sundy Cap in seiner Funktion als Fat Cap überzeugt. Wenn man den Hebelknopf bis zum Anschlag nach hinten zieht, so wird der Farbstrahl breit. Allerdings wird er nicht einmal so breit wie bei dem Standard Cap der Montana Black Dosen, welches ich häufig als Fat Cap verwende (Schwarz mit orangem Punkt). Der Strahl wird gröber gefächert, trotzdem aber nicht gut verteilt. Der größte Teil der Farbe wird aufs Zentrum konzentriert. Die Ränder der Linie sind grob ausgefranst und sehr unregelmäßig. Also nicht einmal ansatzweise vergleichbar mit einem richtigen Fat Cap, welches eine klare breite Linie sprüht. Trotz alledem erfüllt es allerdings bei richtiger Handhabung immer noch seinen Zweck im schnellen füllen. Ist dabei nur nicht ganz so schnell, wie es andere Caps wären. Im Fat-Modus macht die Ringstellung schon einen größeren Unterschied, hier wird dir Linie mit höherem Druck messbar dicker.

Sunday Cap Fading

Als Soft Cap

Die beste Beurteilung muss ich dem Sunday Cap in der Funktion des Soft Caps geben, also beim Fading auf etwas größerem Raum. Wenn man das Cap sowohl auf mittlere Strichstärke (Hebel), als auch auf mittleren Druck (Ring) einstellt und reichlich Abstand zur Oberfläche nimmt, so kann man ein sehr gleichmäßiges und weiches Fading erreichen. Der Abstand zur Oberfläche muss allerdings größer sein, als bei einem gewöhnlichen Soft Cap (z.B. hellgrau mit blauem Punkt). Und damit komme ich nun zur speziellen Zusatzfunktion des Sunday Caps.

 

 

Sunday Cap Needle

Als Needle Cap

Nicht jeder hat schon einmal ein Needle Cap ausprobiert, oder weiß was bzw. wofür es sich eignet. Needle Caps sind jene, mit einem kleinen Schlauchaufsatz an der Spitze. Diese sind dazu gemacht um aus größerer Entfernung immer noch Farbe an den gewünschten Punkt zu bekommen, da diese nicht gefächert und zerstäubt sondern zu einem Strahl gebündelt wird. Bei einem Abstand zur Wand bei dem die Farbe aus jedem anderen Cap schon längst im Winde verweht wäre, kann man mit einem Needle Cap immer noch ein einigermaßen konzentrierten Farbstrahl aus groben Tropfen auf die Oberfläche bekommen. So auch beim Sunday Cap. Dies schafft es aber erstaunlicherweise ohne einen Schlauchaufsatz und dazu noch mit teilweise besserem Ergebnis, als ein richtiges Needle Cap. Wenn man das Cap mit Hilfe des Ringes auf maximalen Druck einstellt und größeren Abstand zur Wand nimmt, so bekommt man den Needle Cap Effekt. Dies funktioniert sowohl mit feinem als auch mit breitem Strich. Bei letzterem allerdings etwas besser und bei größerem Abstand zur Wand.

Sunday Cap ReinigungszeugPflege

Da man dieses Cap immer wieder verwendet, muss man es früher oder später reinigen. Hierzu habe ich Nagellackentferner genommen, Aceton aus dem Baumarkt würde es auch tun, ist aber vermutlich riskanter für deine Gesundheit. Nagellackentferner bekommt man in vielen Supermärkten und in jedem Drogeriegeschäft wie Rossmann, dm oder Budnikowsky. Dazu kann man einen Lappen, eine Küchenrolle oder Toilettenpapier, Wattestäbchen und ggf. eine Zahnzwischenraumbürste benutzen, um das Cap zu säubern.

 

 

Fazit

Zusammenfassend ist das Sunday Cap also tatsächlich ein recht gutes All-around-Talent. Es kann tatsächlich diverse andere Caps ersetzen, macht dabei allerdings nicht immer die beste Figur. Als Skinny Cap fein, aber mit etwas hohem Druck, als Fat Cap etwas unsauber und nicht wirklich fett, dafür aber als Soft Cap erstaunlich soft.

Wer also den Willen hat, und etwas übt, der wäre wahrscheinlich in der Lage mit dem Sunday Cap die meisten anderen Caps zu ersetzen und somit langzeitig eventuell Geld und Ressourcen zu sparen. Da man aber wiederum Papier, Nagellackentferner und Zeit verbraucht, um das Cap zu reinigen, mindert dies das Ersparnis etwas.

Alles in allem ein gutes Cap, das meiner Meinung nach seine 20€ Wert ist, man muss sich nur etwas einarbeiten und dran gewöhnen. Vom Hersteller habe ich vor kurzem erfahren, dass er an einer verbesserten Version des Caps arbeitet.

Das Cap bekommst du hier: Graffitiboxshop.de

Viel Spaß beim Sprühen

LennArt


Montana Black 50ml Titel

Im Test: Die kleinste Sprühdose – Montana Black 50 ml

Eine Sprühdose wieder befüllen und sogar deine eigene Farbe mischen, das geht! Hier zeige ich dir wie.

Obwohl die Montana 50ml Dose schon ein paar Jahre auf dem Markt ist, habe ich sie erst vor kurzem zum ersten Mal in meinem Stammladen entdeckt. Neugierig habe ich mir sofort eine Dose gakauft, um sie auszuprobieren. Hier sind meine Ergebnisse.

Es gibt diese Dose ausschließlich im Farbton Schwarz zu kaufen, wer einen anderen Farbton möchte, muss die Dose also nach dem Leersprühen selber neu befüllen.

Zu erst einmal fällt einem natürlich die Größe der Sprühdose auf. Sie ist mit Deckel gerade einmal 9,3 cm groß und hat einen Durchmesser von etwa 3,5 cm. Sie passt also locker in die Hosentasche. Kostenpunkt etwa 1,90€, was im Verhältnis zur Farbmenge im Vergleich zu einer 400ml Dose für 3,70€ natürlich ein ziemlich teures Vergnügen ist. Sie kommt mit einem für Montana untypischen Cap, welches wie ein komplett schwarzes Montana Level 2 Cap wirkt. Auf dem Foto oben ist ein anderes Cap zusehen.

Mit ihren 50ml Inhalt schafft sie erstaunlich viel Fläche zu decken. Geschätzt etwa eine Fläche von 50*50cm .Wer sie zum Taggen benutzten möchte kriegt mit ihr also mehrere kleine Tags hin.

Hier ein Beispiel, was ich alles mit einer kompletten Dose malen konnte.

Montana 50ml Inhalt
Alles hier gemalte ist mit einer 50ml Dose entstanden.

Da ich aber absolut kein Tagger bin und weder das Bedürfnis noch die Notwendigkeit habe eine besonders kleine Dose in meiner Hosentasche zu verstecken, habe ich die Montana 50ml noch aus einem ganz anderen Winkel betrachtet.

Ich habe diese Dose neu aufgefüllt und sogar meine eigene Farbe darin gemischt. Ja, das funktioniert tatsächlich und kann sogar äußerst nützlich sein, wie sich bei mir schon herausgestellt hat.

Montana 50ml auffüllen

Man kann diese Dose relativ einfach mit einem Transfer Cap oder in meinem Fall mit zwei Needle Caps wieder auffüllen. Dazu habe ich einfach eine recht volle Montana Black 400ml genommen, aus einem von zwei Needle Caps den kleinen Schlauch entfernt und das freie Ende des Schlauches des zweiten Needle Caps an das erste ran gesteckt. Nun habe ich jeweils eines der beiden Caps auf jede Dose gesetzt und anschließend beide Caps gleichzeitig gedrückt. Da die 50ml leer ist und somit keinen Innendruck hat, drückt sich die Farbe von der vollen 400ml in die kleine Dose rein. Zu Anfang geht das recht schnell, da aber der Druck in der kleinen Dose nun ansteigt, fließt die Farbe mit der Zeit immer langsamer von der großen Dose rüber. Wenn du die 50ml also maximal befüllen möchtest, dann brauchst du etwas Geduld und Kraft in den Fingern.

Wenn man zum befüllen der 50ml nun aber kein Schwarz nimmt, sondern eine andere Farbe, so kann man darin seinen eigenen Farbton mischen. Dabei muss man natürlich bedenken, dass sich immer ein kleiner Rest alte Farbe in der Dose befindet, welche die neue Farbe verunreinigt. Sauberes Weiß wird man also wohl kaum aus der kleinen Dose rausbekommen.

Eine Möglichkeit die Dose von innen zu reinigen wäre allerdings das Montana Gold Aceton Spray. Ich habe das zwar noch nicht getestet, da es sich hierbei aber um reines Lösungsmittel handelt, könnte man dieses in die kleine Dose füllen, um sie von innen zu reinigen, bevor man eine andere Farbe darin mischt.

Bei mir hat sich die Möglichkeit des Mischens einer eigenen Farbe schon als extrem hilfreich erwiesen, als ich nach längerer Zeit zu einem Auftrag zurück kehrte, um diesen zu beenden. Ich hatte meine Grautöne vergessen und neben den ganzen bunten Farbtönen nur an Schwarz und Weiß dabei. Was ich allerdings mit hatte, war die 50ml Dose und die Needle Caps zum befüllen.

Um also die fehlenden Grautöne zu ersetzen habe ich mir in der kleinen Dose mit etwas Schwarz und viel Weiß einfach mein eigenes Grau gemischt. Da es zuerst noch sehr dunkel war sprühte ich einfach immer wieder Farbe auf einen Karton, um die Dose etwas zu entleeren und füllte dann immer wieder mit Weiß nach, bis ich den gewünschten Farbton erzielte. Da ich für eine Schattierung verschiedene Grautöne brauchte arbeitete ich mich langsam von dunkel nach hell. Sobald eine Dosenladung aufgebraucht war, füllte ich nur mit Weiß wieder nach, wodurch ich einen helleren Ton erzielte. Für die kleine Fläche, die ich zu malen hatte war es durchaus hilfreich und auch wenn das Befüllen seine Zeit in Anspruch nimmt, so war es immer noch effizienter als von Zuhause die fehlenden Farbtöne zu holen.

Fazit:
Die Montana 50ml kann besonders in Kombination mit einem Transfer oder Needle Cap sehr hilfreich sein und macht großen Spaß. Vor Allem das Mischen eigener Farbe ist etwas, das man unbedingt mal ausprobiert haben sollte. Durch die Möglichkeit sie wieder zu befüllen wird auch der Verhältnismäßig hohe Preis ausgeglichen.

Die Montana 50ml und das Transfer oder auch Mixing Cap bekommst du z.B. bei Graffitilager.de.

Viel Spaß beim Sprühen
LennArt

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Mein Video zum Test gibt es hier:

Buchkritik Die Graffiti Anleitung

Buchkritik: Die Graffiti Anleitung

Als ich vor kurzem dieses Buch des schweizer Jungautoren Benjamin Meier entdeckte, zog es natürlich sofort meine Aufmerksamkeit auf sich. Es ist am 15. Juli 2017 auf Amazon erschienen und ich habe es mir zugelegt, um es kritisch zu betrachten. Ich habe es für 21,29€ auf Amazon bekommen.

Am Ende dieses Artikels habe ich ein Video eingefügt, welches einen kurzen Eindruck des Buches vermittelt.

Für den ungeduldigen Leser kurz vorweg: Keine Kaufempfehlung
(Laut der Webseite zum Buch gibt es allerdings eine Geld-zurück-Garantie, wäre also wohl möglich es mit Null Risiko auszuprobieren. www.graffitianleitung.ch)

Aber warum?

Erster Eindruck

Mein erster Eindruck kam nicht vom Buch selber, sondern von der Präsentation auf Amazon. Obwohl das Buch zu dem Zeitpunkt erst seit etwas mehr als 2 Monaten zu kaufen war hatte es schon 67 Kundenrezensionen. Bis auf eine einzige Alle samt positiv, 62 Mal 5 Sterne, wenige mit 4 Sternen, die einzige kritische mit 1 Stern und komplett negativ verfasst.

Im Vergleich hat das Buch „Graffiti School – der Weg zum eigenen Style“, welches ich auch mehrfach auf dieser Seite empfehle und das jetzt seit genau 4 Jahren auf Amazon erhältlich ist, gerade einmal 19 Kundenrezensionen insgesamt.

Diese Tatsache machte mich schon skeptisch. Nach etwas Recherche stellte ich fest, dass dieses Buch wohl mal eine Zeit vollkommen kostenlos als E-Book erhältlich war. Dies ist eine verbreitete Praxis für neue Bücher unbekannter Autoren, um ihre Werke unters Volk zu bringen und so die ersten Kundenrezensionen zu generieren, welche spätere potenzielle Kunden zum Kauf anregen sollen.

Wenn man sich die Rezensionen allerdings genauer ansieht, dann findet man schnell ein paar Accounts von Leuten die mehrere Buchrezensionen pro Tag verfassen. Der vermeindliche Kunde der Rezension nach meiner eigenen hat am gleichen Tag noch 10 weitere Bücher rezensiert, Alle jeweils mit 5 Sternen. Da frage ich mich doch, ob diese Rezensionen alle authentisch sind.

Auf dem Autorenprofil auf Amazon gibt es ein Video, welches ich mir vor dem Kauf des Buches angesehen habe. Hier sieht man den sehr jungen Autor ein Graffito sprühen, welches er mit KREIDE an der Wand vorzeichnet. Für die unwissenden unter euch: Kreide ist quasi Farbstaub, und wer eine Staubschicht unter einer Lackschicht aufträgt mindert die Haftung des Lackes an der Oberfläche. Teile des Bildes könnten also vorzeitig von der Wand fallen. Eine Technik also, die nicht gerade auf Professionalität des Autors schließen lässt.

So ging ich also mit einer schon vorgebildeten Meinung an das Buch heran, vielleicht nicht die beste Voraussetzung für eine Objektive Kritik.

Zum Buch selbst

Von Außen erstmal ganz ordentlich. Das Cover zeigt einen soliden Style, der auch für den Anfänger erkennbar ist. Auf der Rückseite wird heißt es es, sei „das ideale Buch, um die Kunst von Graffiti zu erlernen.“ Der Leser solle mit diesem Buch folgende Punkte lernen:

  • Wie du dein eigenens Graffiti sprayen kannst.
  • Wie du deinen eigenen Style entwickelst.
  • Wie du dich von anderen Writern abgrenzt.
  • Und wie du in die Welt der Graffiti-Kunst eintauchen kannst.

Es folgen die Aussagen zweier „bekannter Graffiti Writer“, welche als Kommentar zum Buch dargestellt werden, aber bei genauer Betrachtung kein einziges Wort über das Buch verlieren, sondern lediglich allgemeine Tipps zum lernen vom Graffiti sind. Dies ist besonders verwunderlich da der zweite Kommentar vom Autor (CLASH) selber verfasst ist.

Die inneren Werte

Don´t judge a book by its cover. Wenden wir uns also nun dem Inhalt des Buches zu. Es beginnt mit einer kurzen Einleitung, welche mit den Worten endet „Graffiti ist eine freie Kunstform ohne Einschränkungen“ (S.0) nachdem von Graffiti im öffentlichen Raum gesprochen wird. Auf die gesetzlichen und rechtlichen Einschränkungen bzw. Aspekte wird hier erstmal nicht eingegangen, was ich als etwas kritisch emfinde. Durch diverse Fehler im Buch wirkt es, als sei es als eine Art Indi-Werk entstanden. Darüber hinaus wird der Leser vom Autor einige Male mit Fachbegriffen konfrontiert, ohne eine Erklärung dieser Begriffe geliefert zu bekommen.

Der Einstieg ins Thema geschieht direkt mit einem Graffitialphabet. Dieses ist technisch von nicht all zu hoher Qualität, was mir den Eindruck vermittelte, als hätte sich der Autor etwas zu viel zu getraut. Weiter bestätigt wird dieser Eindruck auf den folgenden Seiten. So werden die einigermaßen geübten Graffitiinteressierten (zugegeben nicht die Zielgruppe des Buches) sich spätestens auf Seite 8 fragen, warum man für dieses Werk einen so hohen Preis zahlen muss, wenn man bessere Beispiele und ausführlichere Anleitungen kostenlos im Internet finden kann.

Der herausragend wertvolle Tipp des Autors zum entwickeln eigener Buchstaben lautet „Verforme sie, bis sie dir gefallen“. Genaueren Bezug darauf, was dabei zu beachten ist und was mögliche Fehler beim Verformen der Buchstaben sein können, wird hier nicht genommen.

Zum Punkt ‚lernen seinen eigenen Style zu entwickeln‘ hat der Autor leider nur zwei Sätze zu Papier gebracht, deren überaus hilfreiche Aussage lautet: „Wichtig ist nur, dass du mit der Zeit deinen eigenen Style entwickelst…“. Wie der Leser dies erreichen kann, wird nicht weiter erläutert. Dazu gibt es eine Seite mit lieblosen Beispielen, welche der Autor selber als „simpel“ bezeichnet und dem Einsteiger als Inspirationsquelle dienen sollen.

Im Kapitel „Der Tag“ wird dem Graffitianfänger empfohlen seinen Tag mit Elementen wie „Pfeilen, Kronen, Kreuzen und weiteren Elementen aufzuwerten“. Weder wird hier die Bedeutung dieser Elemente erklärt noch darauf hingewiesen, dass es in der eingeschworenen Graffitiszene relativ ungern gesehen wird als Anfänger seinem Tag eine Krone aufzusetzen. Die Krone ist, wie zu vermuten lässt, Symbol von Adel. In diesem Fall Symbol dafür als Graffiti Writer besonders herausragende Leistungen erbracht zu haben, mit denen man sich den Respekt der Szene verdient hat.

Nach diesen ernüchternden Vorläufern haben mich die Kapitel über 3-dimensinale Graffit, die Tiefe der Buchstaben sowie über Licht und Schatten  sogar positiv überascht. Inhaltlich ist dieser Teil durchaus brauchbar und für den Einsteiger gewiss hilfreich,  allerdings genau wie im Rest des Buches sind die Erklärungen in ihrem Umfang sehr zurückhaltend.

Das erste Mal, dass der Leser mit der Praxis an der Sprühdose konfrontiert wird, ist mit der Erklärung, wie man Highlights in einem Graffito sprüht, was beim Sprühen chronologisch so ziemlich das letzte ist, das man an einem Bild macht. Im Anschluss folgen Erklärungen zu Schablonen und Klebeband, was ich von der Reihenfolge etwas verwunderlich finde, da dem Leser hier mit keinem Wort der grundlegende Umgang mit der Sprühdose erklärt wird.  Übrigens geschieht dies auch im ganzen Rest des Buches nicht.

!!!Ganz genau, in diesem Buch mit dem Titel „Die Graffiti Anleitung“ wird dem Leser nicht beschrieben, wie man eine Farbsprühdose zu handhaben hat!!!

Aber kommen wir zum Kernteil des Buches. In einer vierseitigen Anleitung mit 20 kleinen Einzelbildern und einem kurzen Satz pro Bild wie z.B.: „Füge auch hier eine ähnliche Farbe hinzu“ wird in für mein Verständnis sehr untypischer Reihenfolge, und mit einer für klassisches Graffiti eher fragwürdigen Technik, der Versuch unternommen dem unwissendem Leser beizubringen sein eigenes Graffito zu sprühen. Der Autor klebt die komplette Sillhouette des Styles mit Malerkrepp ab, um die Fill Ins (Farben innerhalb der Konturen der Buchstaben) zu sprühen, was zwar prinzipiell keine schlechte Technik  ist, allerdings unter Style Writern meiner Erfahrung nach eher wenig praktiziert wird. Eine andere Vorgehensweise für den fortgeschrittenen Anfänger wird hier nicht erwähnt.

Im Kapitel „Character“ werden anstelle einer Erklärung oder Anleitung zum Erstellen eines Characters ausschließlich Fotos von gesprühten Graffiti Charactern gezeigt und dies auch noch ohne deren Autoren in irgendeiner Weise zu kreditieren. Die einzige Erläuterung an dieser Stelle dient der Klärung des Begriffs.

Wieder positiv beeindrucken konnte mich das Buch mit dem kurzen Kapitel über Anamorphose, also das malen eines Bildes, mit der optischen Illusion, es würde sich nicht flach auf der Oberfläche, sondern im dreidimensionalen Raum davor befinden. Leider könnten auch hier die Erläuterungen etwas ausführlicher sein. Dieses Können hatte ich dem Autor bis zu dieser Stelle im Buch nicht zugetraut.

Erst ab Seite 80 wird nun endlich auf den rechtlichen Aspekt von Graffiti als Straftat eingegangen. Auch dies geschieht allerdings wieder auf eine so reduzierte und simple Weise, dass es für ein Buch zum Thema Graffiti meiner Meinung nach etwas unzureichend ist. Auf einer Seite, die ansonsten nur aus Bildern besteht, findet sich dann noch das Zitat „Illegales Sprayen lohnt sich nicht“. Dass darunter als Urheber dieses weisen Ausspruches der Writername Clash steht lädt zum Schmunzeln ein, wenn man bedenkt, dass der Autor des Buches Benjamin Meier a.k.a. CLASH ist und er sich hier also wieder einmal selber zitiert.

Desweiteren folgen Bilder mit der Überschrift „WALL OF FAME…“. In der Schweiz oder in anderen Teilen des deutschsprachigen Raumes mag das die verbreitete Betitelung einer legalen Graffitiwand sein, allerdings kenne ich aus meinem Umfeld nur den Begriff „Hall of Fame“. Die andere Version kenne ich als das, was Leute sagen, die sich verhört haben und nie korrigiert worden sind, weil „Wall“ als Wand ja auch durchaus Sinn ergibt.

Wenn sich der Autor dann endlich den benötigten Materialien zuwendet, erwähnt er zu Sprühdosen nur ein einziges Produkt, die Monatana Gold Dose, welche ohne Frage eine erstklassige Dose ist, Alternativen nennt er jedoch nicht. Warum man in einem Buch, welches potentiell im gesamten deutschsprachigen Raum gelesen wird, einen einzigen Laden in der Schweiz nennt, anstatt einer Liste von Läden oder Onlineshops, in denen man diese Sprühdose erwerben kann, wird mir nicht ganz klar. Auch auf den Unterschied zwischen High Pressure und Low Pressure -Dosen wird nicht im geringsten eingegangen. Zu Makern wird nur ein Foto von drei edding 3000 gezeigt und der Hinweis, man könne „Filzstifte verwenden“, dass es diverse Acrylmaker speziell für das malen von Graffiti-Kunst, oder auch Grafikmarker auf Alkoholbasis gibt, die man dem Leser empfehlen könnte, scheint dem Autor nicht in den Sinn gekommen zu sein.

Zum Thema Atemschutz fällt dem Autor nur ein, dass es zu einer „hohen Schädigung der Atemwege führen kann“, wenn man den Farbstaub einatmet. Dass aber auch die Lösungsmittel eine Gefahr für die Leber darstellen wird hier nicht erwähnt. Darum zeigt das Foto wohl auch nur einen Einwegatemschutz und nicht eine professionelle Atemschutzmaske mit auswechselbaren Gas- und Partikelfiltern, wie sie die meisten Graffitikünstler bei der Arbeit tragen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das Fehlen von Atemschutz bzw. schon die Verwendung zu alter Filter zu stark erhöhten Leberwerten führen kann.

Das Wort Stencil schreibt der Autor konsequent falsch, nämlich „Stencyl“, was erneut den Anschein mangelnden Fachwissens vermittelt.

Gegen Ende gibt es noch einige Bildbeispiele anderer Künstler sowie die Empfehlung des YouTube Kanals von Saikone, einem erfahrenen Graffitikünstler, welcher sein fundiertes Wissen vollkommen kostenlos in seinen Videos mit seinen Zuschauern teilt. Im Gegensatz zu den umfangreichen Tutorials (inzwischen über 120) von Saikone zeigt dieses Buch leider eher mindere Qualität zu hohem Preis und schließt mit dem Satz ab: „Du hast nun das Buch gelesen und besitzt das Wissen, um dein eigenes hochwertiges Piece zu sprayen.“(S.127) Was ich persönlich in Anbetracht der Qualität der im Buch enthaltenen Tipps als leicht anmaßend empfinde.

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann ich sagen, dass dieses Buch seinem relativ hohen Preis nicht gerecht wird. Der vollkommen unerfahrene Leser kann hier zwar durchaus einige wertvolle Dinge lernen, wird aber schnell an die Grenzen des Buches stoßen. Von den 4 Punkten, die es als zentrale Lehrstoffschwerpunkte angibt, kann es gerade mal einen einzigen halbherzig erfüllen. In seinem wenigen Text tummeln sich unangemessen viele Fehler, es ist nicht wirklich gut gesetzt (der Text ist auf einigen Seiten abgeschnitten) und verschwendet mit seinen vielen überflüssigen schwarzen Balken eine Menge Tinte, die in ausführlicheren Erläuterungen besser investiert worden wäre. Als kostenlose Anleitung, fände ich es eine gute Leistung, die Anerkennung verdienen würde. Für ein Drittel oder die Hälfte des Preises wäre es meiner Meinung nach noch akzeptabel, aber dafür 21€ zu verlangen (Ursprünglich sogar mal über 29€), dann nicht einmal die auf dem Cover gemachten Versprechen zu halten und so sparsamen Inhalt abzuliefern, empfinde ich persönich als ziemlich dreist. Alles in Allem macht es auf mich den Eindruck nur schnelles Geld verdienen zu wollen, ohne großen Wert auf Qualität zu legen, oder aber ist es das Resultat massiver Selbstüberschätzung. Eines muss ich dem Autor allerdings noch anerkennen: Den Mum zu haben dieses Werk kostenpflichtig zu veröffentlichen, hätte ich nicht. Respekt dafür. 😉

Wer einen Ratgeber sucht, um sich nachhaltiges Wissen zum Thema Graffiti anzueignen, der einen während seines Lernprozesses über längere Zeit begleitet, dem rate ich davon ab dieses Buch zu kaufen, da es nur wenig Mehrwert bietet und eher ein Bildband als eine Anleitung darstellt. Wenn man allerdings das Geld etwas locker sitzen hat und beim Thema Graffiti und zeichnen noch so gut wie auf Null steht, dann kann es nicht schaden sich dieses Buch zuzulegen. Lediglich in Relation zum Preis beurteile ich dieses Buch als unzureichend.

Stattdessen empfehle ich guten Gewissens das Buch Graffiti School, es kostet nur rund 25 Euro und bietet ein vielfaches an nützlichen Informationen, Anleitungen und Übungen.

Viel Spaß beim Sprühen!

LennArt


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