Wenn du dich für Graffiti interessierst und den richtigen Umgang mit der Sprühdose lernen möchtest, dann bist du hier richtig. Zuerst gebe ich dir eine kurze Einleitung mit einigen wichtigen Erläuterungen und im nächsten Artikel erkläre ich dir die praktischen Schritte damit du gleich erfolgreich loslegen kannst.
Als ich das erste mal Sprühdosen gekauft habe fragte ich im Laden nach Ventilen, was meinem erfahreneren Graffiti-Kumpel, der mich begleitete, ziemlich peinlich war. Damit dir so etwas nicht passiert habe ich hier die wichtigsten Informationen zusammengefasst.
Wer Graffiti lernen möchte sollte sich als allererstes mit den Grundlagen beschäftigen. Welche Materialien werden benötigt, wo bekomme ich diese, was muss ich beachten, wo kann ich legal üben.
Aber was ist überhaupt Graffiti?
Graffiti ist nicht gleich Graffiti, schon hier gibt es verschiedene Interpretationsweisen. Graffiti im klassischen Sinne seiner heutigen Form, genauer Graffiti-Writing sind hauptsächlich Buchstaben und Worte genannt Styles, oft in abstrakter Form, welche mit Lacken aus der Sprühdose meist auf Wände oder Züge gemalt werden. Wer diese Form des Graffiti betreibt, den nennt man Writer (Schreiber) oder Sprayer (Sprüher). Hierzu sei gesagt, dass das unerlaubte Besprühen oder Bemalen von fremdem bzw. öffentlichem Eigentum eine Straftat darstellt, die im schwersten Fall sogar mit Freiheitsstrafen geahndet werden kann. Viele illegal Writer, die erwischt wurden, müssen jahrelang Schulden abbezahlen und sind außerdem vorbestraft, was sie in ihrer Berufswahl einschränkt. Obwohl das Graffiti-Writing seinen Ursprung in der Illegalität hat, fand es durch den Anspruch nach Ästhetik und Perfektion auch den Weg in die Legalität und mittlerweile sogar in die Galerien. Diese Form des Graffiti, das sprühen mehrfarbiger Buchstaben mit einem gewissen ästhetischen Anspruch, entwickelte sich Ende der 1970er Anfang der 1980er Jahre in der Bronx, USA. Das sogenannte Tagging, also das Schreiben eines Namens oder Pseudonyms an öffentlichen Plätze ist allerdings schon wesentlich älter.
Graffiti im weitläufigen Sinne des Wortes bezeichnet hingegen jede Art von privater Wandschreiberei, also jegliche Form von privat motivierten Schriften an Wänden oder ähnlichem. Hierbei spielt es keine Rolle, ob es mit Sprühdose, Pinsel, Meißel oder der bloßen Hand angebracht wurde. Die ersten Werke, welche dieser Definition des Wortes Graffiti oder Singular Graffito zuzuordnen sind, sind ebenso alt wie die Schrift selbst.
Wenn ich hier allerdings über Graffiti schreibe, dann meine ich eigentlich eine Mischung von zwei Begriffen. Jegliche Kunst, die mit der Sprühdose umgesetzt wird plus das künstlerisch motivierte Graffiti-Style-Writing, ob mit Sprühdose auf Wand oder mit Markern und Pinseln auf Leinwand spielt dabei keine Rolle. In allererster Linie geht es hier jedoch um die Maltechnik mit der Sprühdose.
Um Interessierten den Einstieg ins Graffiti zu erleichtern habe ich hier die wichtigsten Tipps und Erklärungen zusammengestellt.
Das richtige Handwerkszeug:
Die Sprühdose
Im Jargon auch Dose oder englisch Can, daraus im deutschen abgeleitet auch Kanne genannt.
Die richtigen Sprühdosen zum Graffiti malen kauft man schon lange NICHT mehr im Baumarkt, diese Dosen sind einerseits teurer und haben andererseits nicht die optimalen Eigenschaften zum künstlerischen sprühen.
Die richtigen Dosen werden heutzutage eigens für den künstlerischen Bedarf hergestellt und wurden teilweise mit erfahrenen Graffitikünstlern zusammen entwickelt.
Je nachdem, ob man großformatig oder klein und detailreich malen möchte gibt es Dosen mit unterschiedlich hohem Innendruck und in diversen Farbtönen. So verwendet man für große Flächen, die schnell gefüllt werden sollen eher eine High Pressure Dose, während man für kleinere und anspruchsvollere Arbeiten eine Low Pressure Dose zur Hand nimmt. Illegale Writer verwenden häufiger High Pressure Dosen, weil sie damit ihre Werke schneller vollenden können. Im legalen Bereich verwendet man häufiger Low Pressure Dosen.
Die beliebtesten Dosen sind Montana Black oder Gold, Belton Molotow Premium, mtn 94, Loop, Kobra oder Ironlak. Wenn es in deiner Nähe keinen Graffiti-Store gibt, dann kannst du dir auch alles was du brauchst bequem online bestellen. Ich kann dir die Onlineshops Inflammable, Overkill oder Graffitilager empfehlen. Falls du in Hamburg bist kann ich dir sehr den Graffiti-Laden „under pressure“ in der Schanzenstraße 10 ans Herz legen, dort kaufe ich bereits seit über 15 Jahren ein.
Persönlich male ich am liebsten mit den Dosen der deutschen Marke Montana, meist Montana Black für Fassaden und Montana Gold für kleinere Bilder auf Leinwand. Aber auch die Molotow Premium ist eine sehr beliebte Dose von hoher Qualität, die ich auch oft verwende und für Einsteiger bestens empfehlen kann.
Nun mag der Anfänger glauben man kaufe sich einfach eine Sprühdose und geht damit malen. So ist es aber üblicherweise nicht. Was du noch brauchst sind…
Die Caps (gesprochen [Kepps], Sprühköpfe)
Wenn man eine Dose kauft befindet sich auf dieser immer ein Standard-Cap, welches von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich und für das anspruchsvollere Sprühen nicht unbedingt sehr geeignet ist.
Caps gibt es viele verschiedene und sie werden auch irgendwie alle paar Jahre geändert. Eines bleibt aber wohl immer das gleiche, denn grundlegend gibt es außer den Standard-Caps noch Skinny Caps, für einen sehr feinen Strich, Fat Caps, für einen besonders breiten Strich, und Soft Caps, für eine weiche und gleichmäßige Verteilung der Farbe. Jeden dieser Cap-Typen gibt es von verschiedenen Herstellern und in verschiedenen Abstufungen. Außerdem erzielt man mit einigen eher eine saubere Farbkante, während andere eine eher ausgefranzte Kante malen. Darüber hinaus gibt es noch einige Sondermodelle wie z.B. Kalligraphie Caps oder Needle Caps.
Bei meinen Bildern benutze ich z.B. die Standard-Caps der Montana Black Dosen zum ausfüllen größerer einfarbiger Flächen, weil diese einen recht breiten Strich haben. Der Vorteil an den Standard-Caps ist, dass man von denen meist mehr als genug hat, weil man ja mit jeder Dose eines bekommt. Wenn es besonders große Flächen sind nehme ich auch richtige Fat Caps.
Zum feinen malen verwende ich verschiedene Skinny Caps, denn hier hat jedes seine Vor- und Nachteile. Die grünen Level Caps von Montana gibt es in drei Abstufungen wobei Level 1 (hellgrün)den feinsten Strich hat. Diese Caps haben einen dünnen Strich allerdings bei nicht ganz so niedrigem Druck wie andere Caps. Sie lassen sich recht gut universell einsetzen, außerdem verstopfen sie nicht so schnell weshalb man sie gut von Dose zu Dose tauschen kann. Dadurch hat man einen geringeren Verbrauch und kommt also mit weniger Caps aus.
Die weißen Skinny Caps hingegen verstopfen teilweise sehr schnell, haben dafür aber einen geringeren Druck und eine viel weichere Zerstäubung des Striches. Daher sind sie gut geeignet für saubere aber sehr feine bzw. kleinflächige Fadings (Farbübergange) im Zentimeterbereich.
Hier sind die feinsten die Goldpunkt-, danach kommen die Graupunkt- und die gröbsten sind die Schwarzpunkt-Skinnies, welche immer noch gut für feine Linien sind. Hier gilt, je feiner desto schneller verstopfen sie und desto größer ist der Verbrauch an Caps. Ich packe pro Sprühdose immer mindestens ein Skinny Cap ein, lieber aber ein paar mehr.
Soviel zum grundlegenden Werkzeug eines Graffiti-Malers, darüber hinaus sollte man aber noch die richtige Arbeitskleidung anziehen. Gerade wer es zum ersten Mal ausprobiert sollte sich alte Klamotten oder einen Overall anziehen, weil man die Flecken vom Acryllack NICHT wieder rauswaschen kann. Idealerweise zieht man noch Gummi-, Latex- oder Arbeitshandschuhe an. Man kriegt Farbe auf der Haut zwar mit Nagellackentferner gut weg, aber gesünder ist es wenn der Lack gar nicht erst auf der Haut landet, besonders bei regelmäßigem Sprühen.
Atemschutz:
Spätestens wenn man in geschlossenen Räumen (auch bei guter Belüftung) sprüht, sollte man sich eine professionelle Atemschutzmaske zulegen, da die Lösungsmitteldämpfe und der Farbpartikelstaub eine sehr bedenkliche Mischung für unsere Gesundheit darstellen. Der Farbstaub kann sich in den Atemwegen ablagern und die Lösungsmittel werden über die Atemluft aufgenommen und belasten dann besonders die Leber.
Wer es das erste Mal ausprobiert muss nicht gleich eine Gasmaske für 40€ kaufen. Ein oder zweimal kann man, sofern man es draußen macht, bedenkenlos ohne Atemschutz mit der Sprühdose arbeiten. Wer es aber öfter tut sollte mindestens einen simplen Mundschutz aus dem Baumarkt aufsetzen. Auch bei kleinen einmaligen arbeiten im Innenbereich mit guter Lüftung mag diese Form des Atemschutzes noch ausreichen, wer aber anfängt größere Flächen mit der Sprühdose auszufüllen sollte zwingend eine Atemschutzmaske mit Gas- UND Partikelfiltern tragen.
Wer ohne Atemschutz arbeitet geht ein erhebliches Gesundheitsrisiko ein.
Außerdem wäre wenigstens für den Innenbereich eine Schutzbrille zu empfehlen, da sich der umherfliegende Farbstaub in den Augen ablagert und zu Reizungen führt.
Ich benutze eine Halbmaske von 3M mit den dazugehörigen Gas- und Partikelfiltern und eine Schutzbrille, die extra auf solche Masken passt.
Wenn ich doch mal ohne Maske arbeite bekomme ich schnell eine Art Sodbrennen, außerdem nach einiger Zeit sogar Kopfschmerzen. Bei einem Bluttest spiegelt sich die Belastung in den Leberwerten wieder.
Die Maske sollte man, nachdem das Kondenswasser im Innern getrocknet ist in einer verschlossenen Plastiktüte oder besser in einer Plastikbox aufbewahren, damit die Gasfilter nicht vorschnell verbraucht werden. Diese haben eine statische Ladung und ziehen aktiv die Moleküle aus der Umgebungsluft an.
Das war die theoretische Vorbereitung aufs Sprühen. Die ersten Praxisschritte erkläre ich im nächsten Teil von „Graffiti lernen“.
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