In diesem Artikel lernst du die Grundlagen zum Zeichnen von Graffiti-Buchstaben. Ich gebe dir einen Einstieg ins Thema und wichtige Tipps damit du sofort loslegen kannst und weißt worauf es dabei ankommt.
Obwohl ich selbst von Anfang an eher Charakter-Maler als Style-Writer war und heute hauptsächlich den Fotorealismus ausübe, ist das Style-Writing auch für mich eine Pflichtdisziplin. Style Writing ist aus dem modernen Graffiti nicht mehr wegzudenken und auch bei unserer Arbeit als Graffitikünstler kommt es immer wieder vor, dass ein Kunde einen Style haben möchte.
In diesem Artikel geht es um die richtige Form der Buchstaben und wie man zu einem guten Style kommt.
Um einen guten Style entwerfen zu können, sollte man die Logik dahinter kennen und verstanden haben. Wenn man das geschafft hat, dann ist schon eine große Hürde überstanden.
Das wichtigste ist aber auch beim Graffiti das Üben, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und auch du wirst nicht besser werden, wenn du nicht viel übst. Also am besten jeden Tag ein bisschen sketchen (zeichnen).
Der Ursprung des Style-Writing
Die Basis des Graffiti-Styles liegt eigentlich in der Kalligraphie, der Kunst des Schönschreibens. Auch wenn sich das Graffiti nicht direkt daraus entwickelt hat und die ersten Graffiti-Styles nicht viel mit Schönschreiben zu tun hatten, kann man doch sagen, dass das Graffiti so eine Art Mutation der Kalligraphie darstellt.
Wenn man also versteht wie die Kalligraphie funktioniert, dann versteht man auch die Logik hinter den stylischen Buchstaben aus dem Graffiti. Heutzutage gibt es sogar eine neue Disziplin, das sogenannte Calligrattiti, die Kombination aus Kalligraphie und Graffiti Tags.
Bei der Kalligraphie schreibt man häufig mit einer breiten Feder, mit der man breite Striche in Schreibrichtung und und feine Linien in 90° zur Schreibrichtung ziehen kann. So kann man die Buchstaben aus breiten Balken und dünnen Strichen aufbauen. Zieht man mit der Kalligraphiefeder eine Kurve, ohne die Feder dabei zu drehen, so bekommt man einen Bogen, der in seiner Breite kontinuierlich ab- oder zunimmt, je nachdem in welche Richtung man ihn zeichnet.
Bedingt durch die Form der Feder folgen die Buchstaben, welche man mit einer solchen Feder zeichnet, also gewissen Gesetzmäßigkeiten. Die Balken haben eine bestimmte Dicke, die Kanten sind parallel zueinander und die Breite des Striches ist abhängig von seiner Richtung.
Wenn du diese Gesetzmäßigkeiten im Hinterkopf behältst, während du deinen Style kreierst, ist das schon mal ein großer Schritt. Denn erst wer die Regeln kennt, kann sich über sie hinwegsetzen. Wenn du ein wirklich guter Writer werden willst, dann kann ich dir nur empfehlen nebenher auch viel Kalligraphie zu üben.
Um noch mal zu verdeutlichen, was ich über die Kalligraphie behaupte habe ich in Abbildung 2 die Evolution eines E‘s tatsächlich mit einer Feder gezeichnet.
Schritt für Schritt zu deinem Graffiti
Da du jetzt den Ursprung kennst machst du im nächsten Schritt aus einem gewöhnlichen Buchstaben einen im Graffiti-Stil, indem du lernst ihn Stück für Stück weiterzuentwickeln. Zuerst zeichnest du einen ganz gewöhnlichen Druckbuchstaben, so wie er in jedem Buch zu finden ist. Was allerdings bei einem Druckbuchstaben eine Linie ist, zeichnest du als Balken. Für jede Linie wird ein durchlaufender Balken mit vier Seiten gezeichnet.
Wie du in Abbildung 3 Figur 2 siehst besteht jeder Buchstabe aus einzelnen Balken (oder auch Blöcken), wie hier durch das E verdeutlicht. Für die Qualität deines Styles ist es wichtig, dass du jeden Balken einzeln zeichnest und dabei alle Linien voll bis zum Ende durchziehst, wie man hier gut in Figur 2 und 3 erkennen kann. Überflüssige Linien werden später ausradiert oder übermalt.
Wenn du also deinen Ausgangsbuchstaben hast und weißt aus welchen Balken er sich zusammensetzt, kannst du anfangen diese Balken kreativ zu verändern.
Dabei ist es aber sehr wichtig, dass stets das Grundgerüst des Buchstabens intakt bleibt. Du kannst einzelne Balken verlängern oder verkürzen, sie z.B. an einem Ende dicker werden lassen und sie außerdem noch krümmen oder knicken wie in Figur 3 zu sehen. Am Ende kannst du noch Balken hinzufügen wie ich es weiter oben in Abbildung 2 Figur 3 getan habe. Solche Balken könnte man als Dekorationsbalken bezeichnen, da sie nur der Verschnörkelung dienen und nicht zum Hauptgerüst des Buchstabens gehören.
Auch bei Figur 4 aus der Abbildung 2 sieht man deutlich, dass ich etliche Dekorationsbalken hinzugefügt habe, aber das Grundgerüst nach wie vor intakt ist. Die einzelnen Balken haben sehr dynamische Schwünge bekommen, wie es in der Kalligraphie üblich ist. Beim Graffiti kommt es allerdings nicht auf die Lesbarkeit an, sondern nur auf die Ästhetik des Styles.
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Übertreibe es nicht gleich
Für den Anfang solltest du deine Buchstaben allerdings noch eher simpel halten. Ein verbreiteter Anfängerfehler ist es, gleich einen sogenannten Wildstyle, also sehr stark verfremdete Buchstaben zu versuchen. Wenn das Gefühl und Verständnis für das Grundgerüst der Buchstaben noch nicht ausreichend geübt wurde, wird ein zu stark verschnörkelter Buchstabe schnell misslingen. Taste dich also vorsichtig an einen aufwendigeren Style heran. Es gibt viele Beispiele für geniale Graffiti mit sehr simplen Styles.
Eine weitere Möglichkeit ist es die Hauptbalken des Buchstabens zu zerbrechen und in mehrere Stücke zu teilen wie in Abbildung 4 demonstriert.
Auch die Enden der Balken kann man auf verschiedene Weise verzieren. Abbildung 5 zeigt einige Beispiele.
Ein anderer typischer Stil im Graffiti ist der Bubble-Style. Hierfür macht man aus den Balken runde Würste, fast so als hätte man den Buchstaben aus einem langen Ballon geknotet.
Wenn du nun ein ganzes Wort schreiben möchtest, ist es wichtig darauf zu achten, dass jeder einzelne Buchstabe deines Graffiti für sich alleine gut aussieht. Eine super Technik zum üben ist es, jeden Buchstaben deines Wortes auf einem separaten Blatt unabhängig von den anderen zu entwerfen und am Ende alle Buchstaben auf einem neuen Blatt zusammenzufügen indem du sie erneut abzeichnest. Hierbei kannst du sie dann noch leicht verändern, damit sie besser aneinander passen. Für den Anfang solltest du darauf achten, dass der Stil aller Buchstaben der gleiche ist, um das Gesamtbild harmonisch wirken zu lassen.
Die Vollendung
Hast du deinen Buchstaben soweit fertig, dann kannst du darüber nachdenken, ihm Tiefe zu verleihen. Dies erreichst du klassischerweise mit einer der drei folgenden Methoden. Dem Schatten, dem parallelen Block oder dem Block mit Fluchtpunkt.
Am Ende deiner Zeichnung ziehst du die Konturen der Buchstaben, die man im Graffiti Outlines nennt, noch einmal deutlich nach und radierst anschließend vorsichtig alle überflüssigen Bleistiftstriche weg.
Da es in diesem Artikel hauptsächlich um die Form der Buchstaben gehen soll, gebe ich an dieser Stelle nur ein simples Beispiel zur Farbgebung. Die Farbgebung im Innern der Konturen des Buchstaben nennt man Fill-In. Die Basiselemente des Fill-In sind Farbverläufe und verschiedene Farbflächen. Hier kann man seiner Fantasie ziemlich freien Lauf lassen. Achte aber immer auf eine gewisse Stimmigkeit der Farben.
Da Beispiel in Abbildung 9 zeigt ein Piece des weltbekannten deutschen Künstlers CanTwo.
Auf den detaillierten Aufbau eines klassischen Graffiti-Styles gehe ich in einem weiteren Artikel ein.
Wenn du jetzt gleich richtig sprühen willst, dann kann ich dir diese Sprühdosen für Graffiti empfehlen, mit denen ich selber sehr gerne Male.
Wir geben übrigens auch Graffiti-Workshops für Jugendliche und Erwachsene. Anfragen kannst du über die Kontaktadressen stellen.
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Wenn Du dich tiefer mit dem Thema auseinandersetzen möchtest, dann habe ich hier noch ein paar Buchtipps für dich:
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